Indianer Völkerkunde

 

 

[„Bewohner Indiens”, nach der irrigen Meinung des Kolumbus], Indios, Rothäute,

die Ureinwohner Amerikas (mit Ausnahme der Eskimo). Die Zahl der Indianer belief sich in vorkolumbischer Zeit auf rund 25 Mio., sank durch Kämpfe, systematische Ausrottung, eingeschleppte Krankheiten u. a. rapide ab und hat erst heute einschließlich der Mischlinge diesen Stand annähernd wieder erreicht (in den USA rund 2 Millionen, in Kanada 350 000, der Großteil in Lateinamerika). Viele Stämme sind seit der Entdeckungszeit erloschen oder haben ihre Stammeskultur eingebüßt. Auf den Westindischen Inseln wurden die Indianer ausgerottet. Durch Schutzmaßnahmen konnten die Indianer sich in einigen Gebieten zahlenmäßig in den letzten Jahrzehnten etwas erholen. In ihrer Kultur völlig unbeeinflusste Stämme finden sich kaum mehr, wohl noch nicht einmal in den Urwaldgebieten Amazoniens.

Die Indianer gelten als Einwanderer aus Asien, die seit 30 000 v. Chr. als Großwildjäger über eine eiszeitliche Landbrücke (Beringstraße) in mehreren Schüben nach Amerika gekommen sind. Nach ihren körperlichen Merkmalen sieht man sie, anthropologisch als Indianide bezeichnet, als einen Zweig der Mongoliden mit alteuropiden Einschlägen an.

Die ältesten Funde (u. a. Santa Rosa Island, Kalifornien) scheinen in die Zeit zwischen 30 000 und 15 000 v. Chr. zurückzureichen. Aus der Mittelsteinzeit stammt wohl der bislang älteste Skelettfund von Tepexpan (Mexiko). Etwa seit 10 000 v. Chr. folgten im Südwesten der USA die Cochise-Kultur (Sammelwirtschaft, im 3. Jahrtausend v. Chr. zum Ackerbau übergehend), sowie Basket-maker [„Korbmacher”] und die Anasazi-Kultur, die sich als Pueblo-Kultur (ab 700 n. Chr.) weiterentwickelte. In Südamerika folgte auf die Zeit der frühen Jäger (ab 7000 v. Chr.) und frühen Pflanzer (ab 1500 v. Chr.) im Andengebiet die hochstehende Chavín-Kultur (1200 v. Chr.-400 v. Chr.), etwa ab 500 n. Chr. die klassische Tiahuanaco-Kultur.

In Mittelamerika erreichte die Kulturentwicklung - auf den „Mittleren Kulturen” (1500 v. Chr.-200 v. Chr.) aufbauend - in der Teotihuacán-Kultur (200 v. Chr.-700 n. Chr.) einen ersten Höhepunkt; etwa parallel dazu verlief die La-Venta-Kultur der Olmeken (Maya).

Nach ihren letzten Wohnsitzen vor der europäischen Durchdringung fasst man aufgrund kultureller Ähnlichkeiten folgende Gruppen zusammen:

 

 

Nordamerika

Im subarktischen Gebiet der Wälder und Waldtundren, anschließend an die Eskimostämme der Küsten, leben die Kanadischen Jäger mit den Stämmen der Algonkin und Athapasken. An der pazifischen Küste (von Nordkalifornien bis ins südöstliche Alaska) fand sich die auf den Fischfang gegründete Kultur der Nordwestküstenindianer (mit Totempfahl, Holzschnitzerei, Flecht- und Webarbeiten), heute nur noch in Resten vorhanden. Auf den Hochebenen zwischen den Ketten der Kordilleren jagten und sammelten Stämme der Salish und Shahaptin mit einer Kultur (Korbflechter), die der der Stämme im Großen Becken und der Kalifornischen Indianer glich. Im Osten, vor den Rocky Mountains, schloss sich die Zone der Prärieindianer an, die durch Übernahme des Pferdes zu Reiterstämmen wurden. Entlang des Missouri-Mississippi findet sich ein Gebiet von Maispflanzern, denen im Nordosten (zwischen den Großen Seen und dem Atlantischen Ozean) die Anbau (Mais) treibenden Irokesenstämme und im Südosten die Muskhogee und Cherokee benachbart sind.

 

Irokese beim Pow-Wow-Tanz

Irokese beim Pow-Wow-Tanz

Ein Irokese tanzt den Pow-Wow-Tanz in voller Kostümierung mit Traumfänger, Federn und Mohawk-Frisur.

 

Navaho erstellen ein Sandbild

Navaho: Sandbild

Das Anfertigen eines farbigen Sandbildes ist bei den Navaho-Indianern wichtiger Bestandteil der Krankenheilungszeremonie.

Mittelamerika

In diesem Gebiet ist aus den von Norden zwischen die Urbevölkerung (Otomi, Tarasken) eingewanderten Stämmen der Nahua das Hochkulturvolk der Azteken hervorgegangen, mit dem die eindringenden Spanier im 16. Jahrhundert zusammentrafen. Zugleich entdeckten diese die großartigen Städte- und Tempelruinen der Maya. Nach Süden schließt sich das Kulturvolk Nicaraguas an, die Chorotega oder Mangue. Die kulturell abgesunkenen Chibchastämme Talamanca, Guetar und Corobici weisen bereits südamerikanischen Einfluss auf.

 

 

Südamerika

Die Gruppe der Chibchavölker, der Träger der nordwestlichen Hochkulturen, setzt sich mit den Chibcha (Muisca) im Andengebiet fort; sie hatten wegen ihres Goldschmucks besonders unter den spanischen Eroberern zu leiden. Nach Süden folgt der Einflussbereich der Inka mit den Ketschua und den Aymará (einst Träger der Tiahuanaco-Kultur). Auf der Südspitze des Kontinents finden sich heute, nur noch in Resten, die Feuerländer. In Chile und auf der argentinischen Pampa lebten, nachdem sie von den Spaniern das Pferd übernommen hatten, die Reitervölker der Araukaner, Puelche und - bereits im Gran Chaco - die Abipon; heute sind sie zum größten Teil untergegangen. Das riesige tropische Waldgebiet des Amazonasbeckens weist eine ziemliche Gleichförmigkeit der Eingeborenenkulturen auf; bis auf wenige Wildbeuterstämme finden sich überall Hackbauern. Es sind Stämme der Sprachgruppen der Aruak, Kariben u. a.

Die Indianer hatten an eigentlichen Haustieren nur Lama, Truthahn und Hund. An Pflanzen der Neuen Welt hatten sie Mais, Kartoffeln, Kakao und den Kokastrauch in Kultur genommen. Sie kannten weder Wagen noch Rad. Metallbearbeitung (Gold, Silber, Kupfer) war bekannt im Inka- und Chibchagebiet, bei Maya und Azteken, das Hämmern von kaltem Kupfer auch im Gebiet der Großen Seen.

 

Tedempfahl

Totempfahl

Indianischer Totempfahl im Stanley Park/Vancouver (Kanada).

 

Stand: 04.Mai.2001

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